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Wie Wasser Glas bewegt

Forscher am Wissenschaftszentrum Straubing schaffen mit versteinerten Kiefernzapfen Grundlagen für neue Sensoren



Auch die versteinerte Kierfernschuppe biegt sich bei Befeuchtung gegen die Schwerkraft aufwärts und bei Trocknung wieder zurück in ihre Ausgangsposition. Bild: BP, WZS)

Straubing, 7. September 2016 (jft) – In der Welt der Pflanzen sind Kapillarkräfte ein wichtiger Bewegungsantrieb. Diese sorgen dafür, dass sich poröse Materialien bei Flüssigkeitsaufnahme ausdehnen. Dazu gehören zum Beispiel Zapfen von Nadelbäumen. Forschern der Professur für Biogene Polymere der Technischen Universität München am Wissenschaftszentrum Straubing ist es gelungen, diesen pflanzlichen Antrieb auch dann zu erhalten, wenn die pflanzlichen Bestandteile durch künstliche Versteinerung ersetzt wurden. Damit schufen sie die Grundlagen für eine neue Generation von Sensoren.

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„Zusammen mit dem Institut für Physik der österreichischen Montanuniversität Leoben und dem Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam haben wir ein zuvor entwickeltes und verfeinertes ‚Bio-Templatierungsverfahren‘ zum ersten Mal für die Herstellung eines Materials mit strukturbasierter Funktion verwendet“, so Dr. Daniel Van Opdenbosch, Forscher am Wissenschaftszentrum Straubing. Mit diesem Verfahren lassen sich Kiefernzapfen künstlich versteinern. Hierbei werden die biologischen Bestandteile vollständig in das technische Material Silikatglas umgewandelt. Aufwändige Untersuchungen am Teilchenbeschleuniger BESSY II in Berlin zeigten, dass dabei die innere Struktur des Kieferzapfens erhalten wurde. Vor allem wurde der Kiefernzapfen durch das neue Templatierungsverfahren komplett - bis hinunter auf die kleinste Ebene von millionstel Millimetern - versteinert.

Van Opdenbosch weiter: „Wir konnten erreichen, dass sich der transformierte Körper wie sein biologisches Original bei Feuchtigkeitsaufnahme bewegt. Die Schuppen der versteinerten Zapfen biegen sich bei Befeuchtung gegen die Schwerkraft aufwärts und bei Trocknung wieder zurück in ihre Ausgangsposition.“

Durch das genaue Abformen von Pflanzenstrukturen, und dem damit verbundenen Erhalt von charakteristischen Eigenschaften, versprechen sich die Forscher neue Möglichkeiten bei der Entwicklung von Funktionsmaterialien. Basierend auf den bisherigen Ergebnissen ist laut der Wissenschaftler bereits die Herstellung von porösen keramischen, mehrlagigen Sensoren mit relativ geringem technischem Aufwand möglich. Diese neuen Sensoren reagieren auf Änderungen der Feuchtigkeit mit Bewegung. Damit ließen sie sich in chemisch aggressiven und physikalisch anspruchsvollen Umgebungen einsetzen, um hier verlässlich Messen, Schalten und Steuern zu können. Herkömmliche bimetallische oder zweilagige Aktuatoren sind wegen ihrer Zusammensetzung aus Metallen oder Kunststoffen anfällig für Zersetzung durch Korrosion, Säuren und Basen, Oxidation, hohe Temperaturen und Strahlung. Gegen alle dieser Einflüsse sind Keramikoxide im besonderen Maße- widerstandsfähig.

Das Projekt „Hierarchically structured porous ceramics and composites from nanocasting of plant cell walls“ wurde im Rahmen des Schwerpunktprogramms 1420 „Biomimetic Materials Research: Functionality by Hierarchical Structuring of Materials“ durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert.

Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Forschungsergebnisse im angesehenen Fachjournal „Advanced Materials“ (6. Mai 2016, DOI-Kennzahl 10.1002/adma.201600117).

Die agrarwissenschaftlichen Lehrstühle der TUM präsentieren ihre aktuellen Forschungsprojekte auf dem Zentralen Landwirtschaftsfest vom 17. bis 25. September 2016 in Halle 7 am Stand Nummer 7023.



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