In der Welt der Pflanzen sind Kapillarkräfte ein wichtiger Bewegungsantrieb. Diese sorgen dafür, dass sich poröse Materialien bei Flüssigkeitsaufnahme ausdehnen, zu beobachten beispielsweise bei Holz oder Samenträgern wie etwa den Zapfen von Nadelbäumen. In technischen Materialien spielt diese Art der Bewegung bislang keine Rolle.
Forschern der Professur für Biogene Polymere der Technischen Universität München, des Instituts für Physik der Montanuniversität Leoben und des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam ist es gemeinsam gelungen, diesen pflanzlichen Antrieb auf ein technisches Material, Silikatglas, zu übertragen. Indem sie Kiefernzapfen mit einem eigens entwickelten 'Bio-Templatierungs-'Verfahren künstlich versteinerten, erzeugten Sie einen Körper, welcher sich bei Feuchtigkeitsaufnahme bewegt: Die Schuppen der versteinerten Zapfen biegen sich bei Benetzung gegen die Schwerkraft aufwärts, bei Trocknung wieder zurück in ihre Ausgangsposition. Durch aufwändige strukturelle Untersuchungen, unter anderem am Teilchenbeschleuniger BESSY II in Berlin, konnten Sie die Hypothese bestätigen, dass der Erhalt der inneren Struktur des Kieferzapfens bis auf die kleinste Ebene von Millionstel Millimetern für die beobachtete Bewegung verantwortlich ist.
Damit wurde demonstriert, dass erstens die Herstellung von porösen keramischen mehrlagigen Aktuatoren mit relativ geringem technischen Aufwand möglich ist und zweitens man durch das genaue Abformen einer Pflanzenstruktur auch deren Funktion erhalten kann. Insbesondere von letzterem Umstand erwarten die Forscher, dass es Tür und Tor für vergleichbare Bestrebungen bei der Entwicklung neuer Materialien öffnen wird, schließlich ist die Pflanzenwelt voller -größtenteils unerforschter- Bewegung.
Ihre Erkenntnisse veröffentlichten die Forscher im angesehenen Fachjournal 'Advanced Materials' am 06. Mai 2016 unter der DOI-Kennzahl 10.1002/adma.201600117.
Straubing (jft) – Es ist eine große Ehre für einen Wissenschaftler, wenn er von anderen Wissenschaftlern in eine internationale Akademie aufgenommen wird. Darüber darf sich jetzt auch Professor Dr. Cordt Zollfrank freuen. Der für die Technische Universität München am Wissenschaftszentrum Straubing forschende Chemiker wurde in der vergangenen Woche in die Internationale Akademie der Holzwissenschaften (International Academy of Wood Science / IAWS) aufgenommen. Das sei eine Anerkennung der Leistungen Zollfranks in der Holzwissenschaft, so Dr. Dr. Uwe Schmitt, Präsident der Akademie und Leiter des Thünen-Institut für Holzforschung in Hamburg.
„Mit meiner Aufnahme in die IAWS können wir die Forschung am und mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz an der Professur für Biogene Polymere der Technischen Universität München und am Wissen-schaftszentrum Straubing verstärkt internationalisieren und sichtbar machen. Die IAWS bietet hierzu sich ein hervorragendes Forum“, so Prof. Dr. Zollfrank.
Bei seinen Forschungsarbeiten am Wissenschaftszentrum Straubing entwickelt Zollfrank neuartige Struktur- und Funktionsmaterialien auf Basis von Nachwachsenden Rohstoffen. Ein Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Erzeugung biogener (Polymer-)Strukturen und ihrer Überführung in Kompositmaterialien für technische und biomedizinische Anwendungen, darunter zum Beispiel neuartige Biokunststoffe. Cordt Zollfrank studierte Chemie an der Technischen Universität München (TUM). Anschließend wechselte er an das Institut für Holzforschung in München, wo er über ein holzchemisches Thema zum Doktor der Forstwissenschaften promovierte. Später baute er als wissenschaftlicher Assistent die Arbeitsgruppe „Biotechnische Keramik und Biomaterialien“ auf und habilitierte sich 2009 für das Fach Werkstoffwissenschaften. Zum 1. Oktober 2011 wurde er zum Professor für das Fachgebiet „Biogene Polymere“ der TUM am Wissenschaftszentrum Straubing berufen.
In der Internationalen Akademie der Holzwissenschaften sind Wissenschaftler und Institutionen vereinigt, die sich mit allen Aspekten der Holzwissenschaften befassen. Die Akademie wurde 1966 in Paris gegründet. Ziel der Akademie ist die internationale Weiterentwicklung der Holzforschung durch Berufung namhafter Wissenschaftler in ihre Organisation, Auszeichnung von Fortschritten, die hohen Standards in Forschung und Publikationen zu fördern und im Journal der IAWS „Wood Science and Technology“ zu veröffentlichen.
1,25 Millionen Euro für Materialforschung mit Mikroalgen
Prof. Cordt Zollfrank von der Technischen Universität München (TUM) in Straubing erhält eines der renommierten Reinhart-Koselleck-Projekte der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). In den kommenden fünf Jahren fließen 1,25 Millionen Euro in die Grundlagenforschung im Bereich der lichtgesteuerten Strukturierung von Funktionsmaterialien mit Mikroorganismen. Die TUM gewinnt damit das zweite Reinhart-Koselleck-Projekt in kurzer Zeit – im August 2012 war Prof. Vasilis Ntziachristos ausgezeichnet worden.
Cordt Zollfrank ist Professor der TUM für das Fachgebiet „Biogene Polymere“ im Wissenschaftszentrum Straubing. Er erforscht innovative Struktur- und Funktionsmaterialien auf Basis von biologischen Strukturen und Synthesewegen, unter anderem in der Celluloseforschung.
Mit dem Reinhart-Koselleck-Projekt entwickelt Zollfrank
einen neuartigen Ansatz, um keramisches Material aus nachwachsenden (biogenen)
Rohstoffen herzustellen. Keramiken kommen in einer Vielzahl von Anwendungen zum
Einsatz, die hohe Verschleißfestigkeit und Temperaturbeständigkeit erfordern.
Beispiele sind Bremsscheiben in der Automobilindustrie, Hitzeschilde in der
Raumfahrt oder Ersatzgelenke in der Medizin. Allerdings lässt sich keramisches
Material in gängigen Herstellungsverfahren nicht beliebig formen – filigrane
Strukturen aus Keramik sind daher nur eingeschränkt möglich.
Mikroalgen bauen Schablone für Keramik
Mit einer ausgeklügelten Methode will Zollfrank die
Herstellung von Keramik optimieren. Dafür nutzt er Mikroalgen, deren Bewegung
sich am Licht orientiert. Um sich fortzubewegen, scheiden die Organismen lange
und sehr dünne Polysaccharide (Vielfach-Zuckermoleküle) in ihre Umgebung aus.
Die Idee: Die Wissenschaftler projizieren eine dreidimensionale Lichtstruktur,
also ein Hologramm, in ein transparentes Nährmedium. Die Algen wachsen und
bewegen sich ausschließlich entlang der vom Licht vorgegebenen Bereiche.
Dann bilden Polysaccharid-Strukturen der Mikroalgen eine Art
Schablone für die Keramik: Gibt man geeignete Reaktionspartner wie zum Beispiel
Kieselsäure oder Calciumverbindungen zu, findet eine chemische Umwandlung zu
einem keramischen Material statt. Da sich der Aufbau des Hologramms sowie die
chemische Zusammensetzung variieren lassen, erwarten Zollfrank und sein Team,
keramisches Material in einer großen Formen- und Funktionsvielfalt zu
produzieren.
Daraus ergibt sich ein enormes Potenzial für die Erzeugung
komplex strukturierter Materialen für zahlreiche Einsatzgebiete: von Elektroden
für Batterien, über Bestandteile von Spezialfiltern in der Wasserreinhaltung
und neue Bildschirm- und Displaytechnologien bis hin zu maßgeschneidertem
Knochen- und Gewebeersatz.
Auszeichnung für innovative Forschung
Die DFG vergibt Reinhart-Koselleck-Projekte ausschließlich
an Personen mit einer herausragenden wissenschaftlichen Reputation mit dem
Ziel, besonders innovative, risikoreiche Forschungsarbeiten zu unterstützen.
„Die Lumineszenz von mikrostrukturierten Zinkoxid-Tetrapoden ist eine etablierte aber äußerst interessante Eigenschaft, die sich unter mechanischer Belastung verändert. Uns wurde schnell klar, dass man damit innere Materialschäden sichtbar machen könnte“, sagt Dr. Yogendra Mishra von der Technischen Fakultät der CAU. Das Forschungsteam hatte Zinkoxidtetrapoden mit einem Silikonpolymer (Polydimethylsiloxan) vermischt und die Eigenschaften des so entstandenen Kompositmaterials untersucht. Sie fanden heraus, dass das Silikonmaterial durch die Zinkoxidkristalle nicht nur fester wird, sondern auch ein ungewöhnliches Lichtreflexionsverhalten aufweist. Unter mechanischer Belastung und Bestrahlung mit UV-Licht verändern sich die Intensität und Farbe des reflektierten Lichts.
Nano-Kristalle geben Warnsignal
„Die Mikro-Nano-Kristalle geben eine Art optisches Warnsignal, wenn das Kompositmaterial durch Belastung zu versagen droht“, erläutert die Doktorandin Xin Jin. Die Veränderung der Leuchteigenschaften von definierten Halbleiter-Mikrostrukturen durch mechanische Beanspruchung, wie wir es für die Zinkoxid-Tetrapoden erstmalig gezeigt haben, könnte auch für viele andere Leuchtstoffsysteme von Bedeutung sein“, ergänzt Professor Cordt Zollfrank, der das Fachgebiet biogene Polymere an der TUM leitet. „Wir erwarten weitere spannende Entwicklungen auf dem Gebiet der ‚self-reporting materials’“.
Kompositpolymere werden in zahlreichen Bereichen eingesetzt – von Zahnimplantaten bis hin zu Raumfahrzeugen. Sie bestehen aus zwei oder mehr Ausgangsmaterialien mit unterschiedlichen Eigenschaften, zum Beispiel Silikon und Zinkoxid, die im Materialverbund bessere Eigenschaften haben. Je nach Bedarf können sie besonders leicht, mechanisch robust und preiswert herstellbar designed werden. Professor Rainer Adelung, Leiter der Studie, betont: „Zinkoxidkristalle sind offenbar eine exzellente Komponente für zahlreiche spezielle Kompositmaterialien – auch in Konstruktionen, von deren Stabilität das Überleben von Menschen abhängt.“
Originalpublikation:
Xin Jin, Michael Götz, Sebastian Wille, Yogendra Kumar Mishra, Rainer Adelung, Cordt Zollfrank (2012): A novel concept for self-reporting materials: Stress sensitive photoluminescence in ZnO tetrapod filled elastomers, Advanced Materials, doi: adma.201203849
Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Sonderforschungsbereiche 677 und 855 gefördert.KELHEIM. Der Freistaat stellt nächstes Jahr zusätzliche 500.000 Euro für die Forschung an Hightech-Fasern zur Verfügung und unterstützt damit die Kooperation zwischen der Industrie in und um Kelheim und der Technischen Universität München. Dies teilte der Abensberger Landtagsabgeordneten Dr. Andreas Fischer (FDP) mit: Auf seine Initiative, so Fischer habe der Haushaltsausschuss des Landtags am Mittwoch diese „wichtige Weichenstellung für den Faserstandort Kelheim vorgenommen“.
Das Geld sei für 2013 zusätzlich für den Budgetposten „Neue Werkstoffe“ im Haushaltsplan des Wirtschaftsministerium eingestellt worden. Das Geld diene der Erforschung unter anderem von Verfahrenstechniken zur Faserherstellung und Anwendungspotentialen der neuen Fasern und Faserprodukte auf Basis nachwachsender Rohstoffe, so MdL Fischer.
Fürs Forschen an Fasern will der Freistaat investieren. Foto: SGL Carbon
Von Kiefern, Käfern und Kadavern: So lautet der Untertitel der Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Cordt Zollfrank über Strukturierte Funktionsmaterialien mit biogenen Polymeren am 13.06.2012. Die Vorlesung fand im Dekanatsgebäude des Wissenschaftszentrums Weihenstephan statt. Nach der Begrüßung und Einführung durch den Dekan Prof. Dr. Alfons Gierl führt Prof. Zollfrank das anwesende Publikum in die Unterschiede technisch-relevanter und biologischer Materialien ein.
Anhand des Dürerhasen erklärt er das Prinzip des
Biotemplatings, bei dem eine biologische Struktur in gleichaussehendes
anorganisches Material überführt wird. Anschließend zeigt er, wie sich diese
Technologie auf Holz anwenden lässt, um die gesamte Struktur des Holzes und der
Zellwände nach der Umwandlung bis hinab auf die Nanoskala zu erhalten. Ein
ähnliches Vorgehen wurde von der Arbeitsgruppe auch für die Umwandlung der
polysaccharid-basierten photonischen Strukturen in den Deckflügelschuppen des
brasilianischen Prachtkäfers Entimus
imperalis in anorganisches Siliciumdioxid entwickelt.
Prof. Zollfrank präsentiert dann im zweiten Teil der Vorlesung die aktuellen Entwicklungen des Fachgebietes bezüglich der Verwendung biogener Polymere für die Herstellung neuartiger Biokunststoffe. Dabei wird gezeigt, wie auch hier die Natur als Ideengeber fungieren kann. Nach der Vorlesung werden bei einem Sektempfang mit Imbiss im Kreise der alten und neuen Kollegen sowie von Familie und Freunden die gehörten Sachverhalte erörtert und angewandt aufgearbeitet. Die Mitarbeiter des Fachgebietes Biogene Polymere präsentierten in einer geheimen Kommandoaktion bei der Gelegenheit das neue must-have aus der aktuellen Forschung der fashion-Gruppe.